Exkursion 2018

Exkursion Görlitz (Oberlausitz)

Vom 21. bis 24. Juni 2018 fand die Jahresexkursion der Sektion Hessen der DGfK statt. Sie führte in diesem Jahr in die Oberlausitz; Schwerpunkt war die Stadt Görlitz. Die Fahrt verlief von Frankfurt am Main entlang der Hessischen Senke vorbei an Vogelsberg und Thüringer Wald zunächst bis ins Thüringer Becken, Landschaftselemente, die mittels Naturlandschafts- und geologischer Karten im ausgehändigten Exkursionsführer nachvollzogen werden konnten. In Erfurt angekommen sind fünf Teilnehmer der Sektion Thüringen dazu gestiegen, darunter Kurt Ziesing, der sich freundlicherweise bereit erklärt hatte, der Reisegruppe bei einem Rundgang die markantesten Kulturobjekte der Stadt vorzustellen, angefangen am Petersberg über den Domhügel und dem Fischmarkt bis hin zur Krämerbrücke.


Blick von der Bastion Leonhard der Zitadelle Petersberg auf die Altstadt von Erfurt. Im Vordergrund der weite Domplatz (Foto: W. Mehlitz)

Hohe Domkirche St. Marien zu Erfurt mit der markanten zum Domberg führenden Treppe. Rechts die Severikirche (Foto: W. Mehlitz)

Häuserzeile auf der Krämerbrücke in Erfurt. Im Hintergrund der Turm der St. Ägidienkirche (Foto: W. Mehlitz)

Im Anschluss wurde die Reise durch das Mittelsächsische Bergland bis in die Oberlausitz fortgesetzt, so dass man schon am frühen Abend das Hotel in Görlitz erreichte. Nach Belegung der Zimmer wurde dort gemeinsam das Abendessen eingenommen.

Der folgende Tag war zunächst der Stadt Görlitz gewidmet. Zwei engagierte Stadtführer stellten der Exkursionsgruppe am Vormittag einen Großteil der historischen Altstadt mit all der Vielfalt an Architekturstilen vor, seien es Plätze, Kirchen, Türme oder andere bedeutende profane Bauten. Zu den Schwerpunkten des Rundganges gehörten der Marienplatz mit angrenzender Elisabethenstraße, der Ober-  und der Untermarkt mit den prachtvollen  Fassaden ihrer Randbebauung


Der Obermarkt in Görlitz mit Georgsbrunnen. Rechts das sog. Napoleonhaus. Hinten der Reichenbacher Turm, Bestandteil der ehemaligen Stadtbefestigung (Foto: W. Mehlitz)

Der 1515 im Renaissancestil erbaute Schönhof am Untermarkt in Görlitz. Heute beherbergt der Bau das Schlesische Museum (Foto: W. Mehlitz)

Der Untermarkt in Görlitz mit dem Alten Rathaus und der rechts anschließenden sog. Zeile. Die Uhr am Rathausturm von 1524 zeigt ein doppeltes Zifferblatt. Das Haus vorne rechts ist die Waage; hier wurden Waren bewertet und verzollt (Foto: W. Mehlitz)

Die Ratsapotheke am Untermarkt in Görlitz. Das 1550 errichtete Gebäude weist nebst einem doppelstöckigen Erker aus der Renaissance an seiner Südfassade die Darstellung von zwei Sonnenuhren des Zacharias Scultetus auf, links das Solarium, rechts die Arachne (Foto: W. Mehlitz)

und der beide verbindenden Brüderstraße, das Alte und das Neue Rathaus, der Weg zur St. Peter- und Paulkirche bzw. die Neißstraße hinunter bis zur Altstadtbrücke. Von hier aus ließ sich ein Blick über die Neiße in das polnische Zgorzelec werfen.


Görlitz. Blick von der Altstadtbrücke über die Neiße auf die Pfarrkirche St. Peter und Paul sowie auf das ehemals als Lager dienende Waidhaus (Foto: W. Mehlitz)

Meridianstein im Stadtpark von Görlitz. Das Denkmal kennzeichnet mit seinem bronzenen Pfeil den Verlauf des 15. Grades ö. L. v. Greenwich (MEZ) und wurde 1961 anlässlich des ersten bemannten Raumfluges von Juri Gargarin aufgestellt (Foto: S. Zacharias)

Der frühe Nachmittag galt dem Besuch des Klosters St. Marienstern, eine wenige Kilometer westlich von Bautzen gelegene Zisterzienserinnenabtei. Die weite, aus dem 13. Jahrhundert stammende Anlage wurde samt Kirche und Schatzkammer den Teilnehmern im Rahmen einer ausgezeichneten Führung vorgestellt und erläutert.


Anlage des unweit westlich Bautzen gelegenen Zisterzienserinnenklosters St. Marienstern (Foto: W. Mehlitz)

Nach kurzer Weiterfahrt erfolgte ein etwa zweistündiger Aufenthalt in Bautzen, während dem die Möglichkeit gegeben war, die historische Altstadt zu erkunden. Wieder in Görlitz stand der Abend zur freien Verfügung.


Hauptmarkt in Bautzen mit Rathaus und Ritter Dutschmann Brunnen (Foto: W. Mehlitz)

Bautzen. Blick von der Alten Wasserkunst nach Westen auf die Spree (Foto: W.-F. Bär)

Der dritte Exkursionstag galt vorrangig dem Naturraum Muskauer Heidelandschaft, ein im Nordosten Sachsens gelegenes Areal des sorbischen Siedlungsraumes, von dem ein Großteil durch den Braunkohlentagebau und seiner Folgelandschaft belegt ist. Die Tagestour, die in Görlitz begann, stand unter der Leitung der Herren Weichler und Dr. Koch vom Regionalen Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien und führte zunächst zum nordwestlich Niersky gelegenen Bärwalder See, dem sechstgrößten Speichersee Sachsens, eine im Zuge der Renaturierungsmaßnahmen in der Bergbaufolgelandschaft entstandene Wasserfläche, die erst 2009 geflutet werden konnte.

Nach einem kurzen Halt fuhr man weiter zum südwestlich Weißwasser gelegenen Schweren Berg, um hier den seit 1973 geförderten Braunkohlentagebau Nochten, der von der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) betrieben wird, zu besichtigen. Die LEAG ist seit 2016 das Nachfolgeunternehmen des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall Europe Mining AG, der schon 2007 die Braunkohlensparte abgab. Das neue Revierkonzept des Folgeunternehmens von 2017 sah eine starke Verkleinerung des Abbaugebietes Nochten vor, so dass daraufhin der genannte Planungsverband noch im gleichen Jahr mit einer erneuten Fortschreibung des Braunkohlenplans begann.

Die Exkursionsgruppe wurde von Herrn M. Kuhle, dem Referenten der LEAG für Nochten und Reichwalde, Bereich Tagebauplanung, im Kommunikations- und Naturschutzzentrum Weißwasser, das im Turm am Schweren Berg untergebracht ist, empfangen und anschließend mit zwei Mannschaftstransportwagen zum ca. 3 km entfernt liegenden Aussichtspunkt Tagebau gefahren, von dem aus er ausführlich über das weiträumige unwirtliche Gelände und die entsprechenden Arbeitsvorgänge beim Braunkohlentagebau informierte.


Aussichtsturm am Schweren Berg im Bereich des Braunkohlentagebaugebietes Nochten. Im Vordergrund zwei Mannschaftstransportwagen der LEAG (Foto: W. Mehlitz)

Aussichtspunkt am Braunkohlentagebau Nochten. Referent M. Kuhle erläutert die einzelnen Maßnahmen, Arbeitsgänge und Probleme bei der Kohlegewinnung (Foto: W.-F. Bär)

Angesprochen wurden die erfolgten und noch vorgesehenen zukünftigen Maßnahmen zur Bevölkerungsumsiedlung, die Arbeiten zur Abbauvorbereitung einschließlich Grundwassersenkung, die Abraumförderung und Verkippung, die Schadstoffemissionen, die Braunkohlengewinnung, die Art und Größe der eingesetzten Geräte, das tätige Personal sowie die Vorgehensweise bei der Renaturierung der Folgelandschaft. Zum Abbau kommen zwei Braunkohleflöze aus dem Miozän, das obere, schmalere, durchschnittlich bis zu 3 m mächtige Lausitzer Flöz 1, das erst seit 2006 abgebaut wird und zwischen 20 und 40 m tief anzutreffen ist, und das untere, zwischen 9 und 15 m starke Lausitzer Flöz 2, das bis zu einer Teufe von 100 m reicht. Überdeckt sind die Flöze von mächtigen glazifluvialen Sanden und Kiesen sowie tertiären Tonen, die vor der Braunkohlengewinnung abzutragen und umzulagern sind. Nebst Schaufelrad- und Eimerkettenbagger ist als auffälligstes Gerät die riesige, etwa 600 m lange und über 70 m hohe Abraumförderbrücke F60 zu nennen, die in einem Zug offensichtlich einen Geländeabtrag von rd. 60 m schafft. Leider war das „F60-Monster“ nur aus der Entfernung zu bestaunen.


Braunkohlenabbaugebiet in Nochten. Rechts die beiden Kohlenflöze, links der aufgeschüttete Abraum. Im Hintergrund lässt sich die 600 m lange Förderbrücke F60 erkennen (Foto: W. Mehlitz)

Die Tagebaugrube rückt im Jahr etwa 400-500 m voran, dabei werden ca. 19 Mio t Rohbraunkohle abgebaut. Von der nahezu 10.000 ha großen Gesamtfläche sind gemäß Betriebsplänen mehr als die Hälfte zur Rekultivierung vorgesehen. Von den bereits erfolgten über 70% gehören vor allem Wald, Gewässer, Acker- und Grünlandflächen dazu. Im naheliegenden Kraftwerk Boxberg wird hauptsächlich die gewonnene Braunkohle aus den Tagebauen Nochten und Reichwalde verstromt. Das dem Tagebauareal im Westen, Süden und Osten angrenzende Gebiet mit 175 km² dient der Bundeswehr als Truppenübungsplatz.

Nach der Besteigung des 30 m hohen Aussichtsturmes am Schweren Berg, von dem man einen weiten Blick in die Bergbaufolgelandschaft einschließlich des Kraftwerks Boxberg bzw. nach Weißwasser hatte, fuhr man zum südwestlich, etwa 5 km Luftlinie entfernten Findlingspark Nochten. Die in den ersten Jahren nach der jüngsten Jahrhundertwende entstandene Anlage kann als ein ausgezeichnetes Beispiel für eine erfolgreich vorgenommene Landschaftsrenaturierung angesehen werden. Hierbei handelt es sich um die Nachbildung einer skandinavischen Naturlandschaft, auf der nahezu 7.000 Gesteinsblöcke nach geomorphologischen Gesichtspunkten angeordnet sind. Diese sogenannten Findlinge wurden während der Eiszeiten von den nordischen Gletschermassen in den Raum des späteren Tagebaus verfrachtet und für die Parkgestaltung genutzt, ein Ensemble, das sich nicht nur der Menge wegen im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen kann. Granite, Diorite, Gneise, Porphyre, Sandsteine, Quarzite, Feuersteine, fossilreiche Kalksteine, um nur einige zu nennen, liegen hier vor und können das Herz eines Geologen oder Geographen erfreuen.


Findlingspark Nochten. Farbenfrohes Arrangement aus Pflanzen und eiszeitlichen Findlingen (Foto: S. Mehlitz)

Der rd. 20 ha große Park ist in sieben unterschiedlich gestaltete Areale gegliedert, darunter vier Gartenbereiche und drei natürliche Biotope, zu denen der Stein-, Fels-, Heide- und Teichgarten bzw. der Heide- und Waldsee zählen. Dazu kommt noch der Bereich Klein Skandinavien, eine großformatig nachempfundene Landkarte Nordeuropas, auf der prächtige, zum großen Teil auf Tafeln beschriftete Findlinge entlang des Weges bis hinauf zum sogenannten Feldzeichen anzutreffen sind.


Künstlich aufgeschüttete Hügellandschaft des Findlingsparks Nochten, erfolgreiches Ergebnis einer Renaturierungsmaßnahme. Rechts der höchste Punkt des Geländes mit dem Feldzeichen, am Horizont das Kraftwerk Boxberg (Foto: K. H. Staubach)

Einen besonderen Reiz haben die vielen elegant angelegten Pflanzen­arrangements, die polsterartig oder höherstämmig, teils mit Stauden oder zusammen mit Findlingen zu beobachten sind. Gehölze gibt es relativ wenige. Nach der Besichtigung des Parks wurde in der dortigen Cafeteria gemeinsam ein Imbiss eingenommen.

In Bad Muskau angekommen wurde der seit 2004 zum UNESCO-Welterbe gehörende Fürst-Pückler-Park besucht. Der großzügig im englischen Stil angelegte und von Gewässern durchzogene Park wurde einschließlich des Neuen Schlosses in zwei parallelen, sehr informativen Führungen vorgestellt.


Das Neue Schloss mit Schlossteich im Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau (Foto: S. Zacharias)

Die Anlage besteht bereits seit 1815 und weist eine Fläche von rd. 830 ha auf, womit sie in dieser Art die größte Zentraleuropas darstellt. Bei den Erläuterungen wurde u. a. auch auf die Lebensgeschichte Fürst Pücklers sowie der späteren Eigentümer der Gesamtanlage eingegangen.


Die Exkursionsteilnehmer vor dem Neuen Schloss im Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau (Foto: W. Mehlitz)

Am Sonntag schließlich trat man zur Rückfahrt an. Sie führte entlang der A4 vorbei an Dresden zunächst nach Altenburg. Hier, in der ehemaligen Residenzstadt der Herzöge von Sachsen-Altenburg, bestand zur Mittagszeit die Möglichkeit, individuell die Altstadt und das Schloss kennenzulernen.


Die sog. Roten Spitzen in Altenburg, Wahrzeichen der ehemaligen Residenzstadt Altenburg. Überbleibsel des von Kaiser Friedrich I Barbarossa gegründeten Augustiner Chorherrenstifts (Foto: H. Kimpel)

Der langgestreckte Marktplatz in Altenburg. Links das im Renaissancestil erbaute Rathaus mit oktogonalem Turm, im Hintergrund die Brüderkirche vom Anfang des 20. Jahrhunderts (Foto: W. Mehlitz)

In Frankfurt am Main kam man wie vorgesehen gegen 20:00 Uhr an.

 

Werner-Francisco Bär, Oberursel (Ts)

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