Nürnberg und nördliche Fränkische Alb
Vom 14. zum 16. Juni 2024 fand die jährliche Fachexkursion der Sektion Hessen statt. Pünktlich um 8:30 Uhr starteten Mitglieder und Gäste mit Ziel Nürnberg und nördliche Fränkische Alb. Beteiligt waren insgesamt 38 Personen. Zu Beginn der Fahrt gab es den traditionellen Exkursionsführer, der außer Streckenkarten, Ortspläne der aufzusuchenden Städte, geologische und geomorphologische Karten sowie Infomaterial zu kulturellen Themen beinhaltete.
Die Fahrt auf der A3 verlief weitgehend staufrei, sodass schon um die Mittagszeit Nürnberg erreicht werden konnte. Auf der Fahrt hierher stellte Dr. Bär den durchfahrenen Raum sowohl geologisch, petrographisch als auch geomorphologisch vor und befasste sich mit der Entstehung der Schichtstufenlandschaft. In Nürnberg angekommen konnte der Bus am Vestnertorgraben parken, sodass die Reisenden von dort aus den direkt durch das Burggelände führenden Weg zur Innenstadt nutzen und dabei von der Terrasse der Anlage den weiten Blick auf die Dächer der tieferliegenden Altstadt genießen konnten. Während der individuellen Mittagspause nutzten schon mehrere der Reisegruppe die Gelegenheit, um die belebte Nürnberger Innenstadt zu durchstreifen.
Im Anschluss traf man sich zu einer Altstadtführung, die von der Congress- und Tourismus-Zentrale für zwei Gruppen organisiert worden war. Die Führungen wurden von Frau Christina Gloßner und Berndt Krause geleitet, die es blendend verstanden haben, den Gästen auf lebendige Art und Weise den nördlich der Pegnitz gelegenen Altstadtteil – den Stadtteil Sebald – zu zeigen und zu erläutern.
Am Hauptmarkt beginnend wurden zunächst der stattliche Komplex des nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgebauten Alten Rathauses, in dem sich die mittelalterlichen Lochgefängnisse befinden, das einzige erhaltene Renaissancegebäude Fembo-Haus und die evangelisch-lutherische St. Sebald-Basilika vorgestellt.
Am Tiergärtnertorplatz konnte man außer dem Tor selbst Teile der alten Stadtmauer, das Pilatushaus, den Kunstbunker und vor allem das Albrecht-Dürer-Haus in Augenschein nehmen.
Im Hintergrund über den Häusern schaute die mächtige Kaiserburg hervor. In der anschließenden Weißgerbergasse konnte das schöne Ensemble alter Bürgerhäuser beobachtet werden. Direkt am Ufer der Pegnitz liegt der Weinstadel, ein 48 m langes Fachwerkhaus, das heute dem Studentenwerk Erlangen-Nürnberg als Wohnheim dient und in dem ursprünglich die Stadt Nürnberg ihre Weinvorräte lagerte. Unmittelbar daneben steht der Wasserturm, der zusammen mit der Henkerbrücke und dem Henkermuseum ein idyllisches Eckchen bildet.
Am Ende des Rundgangs wurde am Hauptmarkt noch ein Blick auf die römisch-katholische Frauenkirche sowie den „Schöner Brunnen“ geworfen.
Nach anschließender kurzer Pause wurde der Burgberg erklommen, um zum Bus zu gelangen. Von dort aus wurde die Fahrt nach Lauf an der Pegnitz fortgesetzt, wo in einem zentral gelegenen Hotel eingecheckt wurde. Den Abend verbrachte die Reisegruppe bei einem gemeinsamen Essen im Restaurant des Hotels.
Der 15. Juni 2024, Samstag, galt einer Tagesfahrt in den nördlichen Teil der Fränkischen Alb. Die fachliche Leitung dieses Tages hatte Dr. Klaus-Martin Moldenhauer vom Lehrstuhl für Geomorphologie der Universität Bayreuth, der am Vorabend angereist war. Die Route führte von Lauf an der Pegnitz zunächst über Hersbruck in östliche Richtung, um nach wenigen Kilometern abzubiegen und weiter dem malerischen Pegnitztal zu folgen. Man befand sich hier im Raum der Hersbrucker Alb oder Hersbrucker Schweiz. Am südlichen Ortseingang von Velden fand der erste Halt statt.
Mit Hilfe von Karten erläuterte Dr. Moldenhauer den bisherigen Streckenverlauf und erläuterte sowohl die geologischen und petrographischen als auch geomorphologischen Verhältnisse des hier vorliegenden Weißen Jura. Am hiesigen Steilhang der Pegnitz waren die eindrucksvollen, an ihrem Fuß häufig unterhöhlten Dolomitwände zu bestaunen.
Das vorhandene Kluftsystem sowie die Karsthydrographie wurden ebenfalls an diesem Standort angesprochen. An gleicher Steilwand befindet sich ein den Gefallenen des Frankreich-Feldzugs von 1914-1918 gewidmetes Kriegerdenkmal. Während der Fahrt konnte beobachtet werden, wie diese Region des Frankenjuras auch stark für den Freizeitsport als Kletter- und Kanusportgebiet genutzt wird.
Der nächste Standort lag unweit Krottensee in der Nähe des 515 m hohen Schelmbachsteins. Auf einem kurzen Spaziergang durch den Wald entlang des sogenannten karstkundlichen Wanderpfads gelangte man zur Mysteriengrotte.
Diese nicht allzu große Grotte befindet sich am Fuße einer Felswand bzw. einiger Felstürme. An dieser Stelle, mitten im Gebiet des bedeckten Karstes, ging Dr. Moldenhauer auf das Thema Karst ein, speziell auf seine Entstehung, seine Voraussetzungen als auch seinen geomorphologischen Formenschatz. Nebst den Karsttürmen, die mit denjenigen des tropischen Kegelkarstes verglichen wurden, und der Grotte konnte als Hohlform auch der Eichelgarten-Ponor, ein Schluckloch, in Augenschein genommen werden, der das zeitweise über die Reste der kreidezeitlichen Überdeckung fließende Wasser aufnimmt und durch das klüftige Jura-Gestein in die Tiefe weiterbefördert.
Zurück durch den Veldensteiner Forst und entlang der am Truppenübungsplatz Grafenwöhr vorbeiziehenden B 470 führte die Fahrt durch Auerbach i. d. Pfalz und Kirchenthumbach zum Kloster Speinshart. Am Eingangstorbogen der Klosteranlage wurden die Reisenden zum Gruppenfoto gebeten. Nach dem gemeinsamen Mittagessen im Kloster-Gasthof hatten noch alle Teilnehmenden Gelegenheit, sich in Ruhe die prächtige barocke Kirche und das dazugehörige Klosterdorf anzuschauen.
Von Speinshart aus wurde der kleinste Ort der Oberpfalz, Neustadt am Kulm, angesteuert, um hier den letzten Haltepunkt der Tagesfahrt einzulegen. Hier, sozusagen zu Füßen des Rauhen Kulm, kam das Thema Vulkanismus zur Sprache. Dr. Moldenhauer erörterte Entstehung, Aufbau und Gestalt des tertiären, 681 m hohen Vulkanschlotes.
Darüber hinaus veranschaulichte er anhand übersichtlicher farbiger Tafeln zusammenhängend die Geologie des Raumes einschließlich der komplizierten Grabentektonik im westlichen Egerrift-System.
An dieser Stelle sei an Herrn Dr. Moldenhauer ein spezielles Dankeschön für die interessante Tour durch die nördliche Fränkische Alb ausgesprochen. An charakteristischen Standorten und überwiegend mithilfe von Karten und Profilen hat Dr. Moldenhauer auf anschauliche und für Nicht-Fachkundige auf verständliche Weise den Raum geologisch und geomorphologisch erläutert.
Auf der Rückfahrtstrecke wurde bei Tremmersdorf nördlich Kirchenthumbach ein breiter Streifen der Oberpfälzer Teichregion durchquert, deren Wasserflächen der Aquakultur dienen, eine Wirtschaftsform, die schon vor dem Mittelalter für die Fischzucht genutzt wurde. Zwischenzeitlich erlebte die Fischzucht allerdings einen Rückgang, ehe sie seit den 1980er Jahren wieder einen kräftigen Anstieg zu verzeichnen hat. Zu den Erzeugnissen der Aquakultur zählen vor allem Karpfen, Welse, Buntbarsche, Lachse und Forellen.
Am späten Nachmittag wieder zurück in Lauf a. d. Pegnitz unternahmen die meisten der Reisegruppe einen Spaziergang durch die idyllische Kleinstadt und erkundeten ihre Sehenswürdigkeiten. Hierzu gehörten vor allem die Johanniskirche als Wahrzeichen des Ortes, die beiden Stadttore, das freistehende Alte Rathaus und der langgestreckte Marktplatz aus dem 13. Jahrhundert. Darüber hinaus zählt die auf einer Pegnitz-Insel gelegenen, von Kaiser Karl IV. erbaute Wenzelburg zu den Kleinoden der Stadt.
Am dritten und letzten Exkursionstag wurde am Vormittag nochmals die Stadt Nürnberg aufgesucht. Trotz einiger Verkehrseinschränkungen durch den an diesem Sonntag stattfindenden Stadtmarathon konnte der angemeldete Besuch im Stadtmuseum Fembo-Haus pünktlich beginnen. Eine der zwei parallel verlaufenden Führungen wurde mit Schwerpunkt Kartographie speziell für die Besucherinnen und Besucher der Sektion Hessen organisiert. Herr Andreas Puchta, M. A., hat es auf vorzügliche und lebendige Weise verstanden, der Gruppe die Kartographie des 15. bis 19. Jahrhunderts näherzubringen. Zuallererst, und ehe der eigentliche Rundgang begann, wurden die Weltchronik des Hartmann Schedel von 1493, der Weltglobus des Martin Behaim von 1492 sowie die Romwegekarte von Erhard Etzlaub von 1500 zur Sprache gebracht. Im Anschluss wurde die Geschichte des Hauses, des einzigen in Nürnberg noch erhaltenen Gebäudes der Spätrenaissance, beleuchtet. Als Erbauer wurde der niederländische Kaufmann Philipp van Oyrl genannt. Johann Baptist Homann, Kupferstecher, erwarb 1702 das Anwesen und richtete hier die Homann’sche Offizin ein, in der sowohl Verlag als auch Druckerei ihren Platz fanden. Mit ihr begann in Nürnberg die Kartographie nach dem 30-jährigen Krieg wieder aufzuleben. Homanns Sohn, Johann Christoph, wurde sein Nachfolger. Nach dessen Tod folgten Johann Georg Ebersberger und Johann Michael Franz als Firmeninhaber, die ab nun wie weitere Eigentümergenerationen unter „Homännische Erben“ firmierten. Erst als der Buch- und Kunsthändler Georg Christoph Fembo – der auch kartographisch tätig war – Anfang des 19. Jahrhunderts das Haus erstand, wurde die Verlagsbezeichnung geändert, bis es 1852 zu einer Auflösung kam.
Beim anschließenden Rundgang präsentierte und erläuterte Herr Puchta zunächst die zwölf in einer kleinen Räumlichkeit ausgestellten Karten des Homann’schen Verlages – wenn auch nur Faksimiles. Eine kaiserliche, in karolingischen Minuskeln geschriebene Urkunde der Stadt aus dem Jahr 1050 wurde ebenfalls vorgestellt. Es folgten zwei eindrucksvolle Stadtmodelle, ein kleineres aus dem Jahr 1618 und ein größeres aus Lindenholz, das 1935 in Auftrag gegeben worden war. Da noch genügend Zeit verblieb, wurden noch einige herausragende Kunstobjekte ausgewählt. Dazu gehörten die Gemälde von Paul Ritter von 1890 „Eingang des Kaisers Matthias in Nürnberg 1612“ und von Joachim van Sandrart von 1649, das das „Friedensmahl“ im Nürnberger Rathaussaal anlässlich des Westfälischen Krieges darstellt. Vervollständigt wurde der Rundgang durch die Vorstellung der Barockstuckdecke des Carlo Moretti Brentano im Vorsaal des 2. Obergeschosses als auch des hier wieder aufgebauten „Schöne Zimmer“ aus dem ehemaligen Pellerhaus, das durch seine Kassettendecke mit eingelegten Ölgemälden und eine prächtige Vertäfelung seiner Wände auffällt.
Aufgrund des erwähnten Stadtmarathons wurde kurzerhand die vorgesehene Pause zur Mittagszeit von Nürnberg nach Erlangen verlegt. Hier hatten die Exkursionsteilnehmer und -teilnehmerinnen Zeit, sich zu verköstigen und/oder einen Rundgang zu unternehmen. Nach Erlangen wurde nur noch ein 90-minütiger Halt im schön am Ufer des Mains gelegenen Kitzingen eingelegt. Gegen 19:00 Uhr wurde das Ziel Frankfurt am Main erreicht.
Werner-Francisco Bär, Oberursel (Taunus)