Bodensee-Hegau
Die 40. Exkursion der Sektion Hessen führte im Jahr 2012 an den Bodensee und in den Hegau. Schwerpunktthemen waren der geologische Aufbau SW-Deutschlands, die Entwicklung des Bodenseegebietes vor allem zur Glazial- und Postglazialzeit, der quartäre Vulkanismus, der resultierende geomorphologische Formenschatz sowie das hydrographische Netz und die beeinflussenden Klimaverhältnisse. Zur Behandlung und Beantwortung dieser Fragenkomplexe hatte sich PD Dr. Klaus-Martin Moldenhauer vom Lehrstuhl Geomorphologie der Universität Bayreuth bereit erklärt, an ausgewählten Standorten, aber auch während der Fahrt im Bus die entsprechenden Zusammenhänge zu erläutern. Ein umfangreicher Exkursionsführer diente jedem Teilnehmer der besseren Anschauung. An der Exkursion beteiligten sich 42 Personen, die dieses Mal am 04.10.2012 allesamt von Frankfurt am Main aus starteten.
Am Anreisetag war nach der Mittagspause in Tuttlingen der erste fachliche Programmpunkt an der Reihe. Am Rande der südwestlich Donaueschingen in der Landschaft Baar gelegenen Ortschaft Döggingen fand zunächst eine Einführung in die geologischen Verhältnisse des Gebietes statt, ehe es vom Dorfrand aus relativ steil zur Guggenmühle in den oberen Abschnitt der Gauchachschlucht hinunterging. In der Tiefe des Tales angelangt, wurde auf einem schmalen, durch den gefallenen Regen meist matschigen wie glitschigen Weg die Schlucht durchwandert und danach bergauf das Alte Posthaus nordöstlich Unadingen erreicht.
Nebst Geologie war in diesem Raum die Flussnetzentwicklung das spezielle Thema, insbesondere wurde auf die Anzapfung der Feldberg-Donau durch die Wutach hingewiesen. Leider haben die aufkommende starke Bewölkung und die Niederschläge die vorgesehene Geländebeobachtung stark beeinträchtigt, so dass kurzfristig entschieden wurde, anstelle weiterer Standorte, direkt das Übernachtungshotel in Überlingen anzusteuern.
Der zweite Exkursionstag war für mehrere Besichtigungen vorbehalten. Er begann mit einer Führung durch das Gelände der bronze- bis eisenzeitlichen Pfahlbauten in Unteruhldingen, die seit 2011 zum UNESCO-Welterbe zählen. Die Historikerin, die die Gruppe führte, hat es ausgezeichnet verstanden, in komprimierter Weise den Teilnehmern Bauten, Gerätschaften, Lebensweise und Bräuche der seinerzeitigen Bevölkerung näher zu bringen.
Im Anschluss daran wurde Meersburg angesteuert und die „Merdesburch“ besucht. Diese erstmals 1147 urkundlich erwähnte Burg wurde von den Bischöfen aus Konstanz errichtet und im 15. Jh. wesentlich erweitert. Die hoch über dem Bodensee gelegene Anlage liegt exponiert auf einem Sporn des dort anstehenden Sandsteins der Unteren Süßwassermolasse.
In zwei Gruppen aufgeteilt, wurden wechselweise die einen durch die Räume im Bereich des Dagobertturms geführt, während die anderen sich in einem individuellen Rundgang die angebotenen 35 Räumlichkeiten anschauten, zu denen der Palas, der Rittersaal, die Brunnenstube und der Burgverlies gehörten. Auch die Wohnräume der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, die im 19. Jh. mehrere Jahre auf der Burg lebte, gehörten dazu. In der folgenden Mittagspause hatten die Teilnehmer auch genügend Zeit, Ober- und Unterstadt dieses reizvollen, allerdings stark touristisch geprägten Ortes zu begehen.
Am frühen Nachmittag stand der Besuch des Zeppelin-Museums in Friedrichshafen auf dem Programm. In zwei parallelen Führungen wurde den Besuchern ein guter Eindruck über Geschichte, Bauart, Ausstattung, Fracht und Flugbetrieb der Luftschiffe vermittelt. Dabei wurde insbesondere auf das 1936 erstmals gestartete Prunkstück D-LZ 129 Hindenburg eingegangen. Am Rande sei bemerkt, dass der Vater unseres mitreisenden Mitgliedes Josef Geier als Obersteuermann dieses Luftschiffes tätig war. Auf der Rückfahrt nach Überlingen wurde ein vorab nicht geplanter Halt in Birnau eingelegt, um kurz vor der Schließung wenigstens einen Blick in die berühmte barocke Wallfahrtskirche zu werfen. Auf der Terrasse der Basilika bot sich für Dr. Moldenhauer die gute Gelegenheit, die Teilnehmer über die geomorphologische Entstehung, den Aufbau und Zustand des Bodensees zu informieren.
Der folgende Tag begann mit einer kurzen Schifffahrt mit der MS Föhn vom Schifffahrtsbetrieb Heidegger von Überlingen zur Blumeninsel Mainau. Leider hatte die in der Morgenstunde über dem See liegende Kaltluftmasse für eine starke Nebeldecke gesorgt und eine gespenstige Stimmung hervorgerufen, die nur vom häufigen Ertönen des Schiffssignalhorns unterbrochen wurde, mit dessen Hilfe das gegenüberliegende Ufer sicher erreicht wurde, das erst kurz vor der Ankunft in Sichtweite kam. Unmittelbar nach dem Ausstieg nahm Dr. Moldenhauer die Gelegenheit zu einem einführenden Vortrag über die herrschenden Klimaverhältnisse und die Flora der Insel wahr. Gewaltige Mammut- und Tulpenbäume, großartige zu Figuren zusammengesteckte Blumenarrangements, der Dahlienhügel sowie das sehenswerte Schmetterlingshaus gehörten zweifellos zu den Höhepunkten des Inselbesuches. Im abziehenden Morgennebel ergaben sich zwischen der dichten Flora manch schöne Fotomotive, u. a. an den durch Raureif hervortretenden Spinngeweben.
Nach einem ausgiebigen individuellen Rundgang wurde die Fahrt mit dem Bus zur Insel Reichenau fortgesetzt, um die drei zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden romanischen Kirchen aufzusuchen. Hier galt es zunächst die Basilika St. Maria und Markus in Mittelzell zu besichtigen und dabei den Ausführungen des Mesmers Gehör zu schenken. Nach dem Mittagessen im Restaurant „Zum alten Mesmer“ gab es noch kurz Zeit, um die beiden anderen romanischen Kirchen auf der Reichenau anzufahren und anzuschauen: St. Peter und Paul in Niederzell und die in Restaurierung befindliche St. Georg in Oberzell.
Im Anschluss daran stand die Fahrt in den Hegau zum Hohentwiel auf dem Programm. An dieser Stelle war das Thema Vulkanismus an der Reihe. Die Wanderlustigen unter den Exkursionsteilnehmern machten sich vom Parkplatz aus auf den Weg und erklommen nach stattlicher Steigung die Plattform am Fuße der Festung, von der man ausgezeichnet den Phonolithstock des Felsens einsehen sowie einen Blick auf die Stadt Singen und zum Untersee mit der Insel Reichenau werfen konnte.
Die Verbleibenden hielten sich solange in der Gaststätte auf und genossen die schöne Sicht auf weitere Vulkanschlote des Hegaus, vorrangig auf den Hohenkrähen. Wieder im Hotel verbrachte man den Abend gemeinsam bei einem reichhaltigen Buffet.
Am letzten Exkursionstag wurde der Rheinfall von Schaffhausen aufgesucht und zunächst vom Ortsteil Neuhausen aus betrachtet. An diesem Standort wurde auf die geologischen Verhältnisse, die Entwicklung des Rheinverlaufs und auf die Entstehung des Wasserfalls eingegangen. Der anschließende zusätzliche Abstieg vom Schloss Laufen hinunter zum Känzeli auf der Höhe des Katarakts ließ die Gemüter der Teilnehmer höher schlagen, lassen sich hier doch die tosenden Wassermassen wirklich hautnah erleben.
Die Mittagspause erfolgte wie geplant im malerischen Städtchen Stein am Rhein, in dem die Teilnehmer genügend Zeit bekamen, die sehenswerte Ortschaft zu erkunden.
Auf der Heimfahrt wurde noch ein Halt in Tübingen eingelegt, Frankfurt am Main gegen 20:30 Uhr erreicht.
Werner-Francisco Bär, Oberursel (Ts)