Exkursion 2016

Elsass

Am Morgen des 22. Septembers 2016 startete die Sektion Hessen der DGfK zu einer viertägigen Exkursion in das Elsass. Beteiligt waren insgesamt 46 Personen. Die fachliche Leitung übernahm Prof. Dr. Alfred Pletsch vom Geographischen Institut der Universität Marburg. Die Exkursion hatte zwei Schwerpunkte: einen historisch-kunsthistorischen und einen physisch- wie siedlungsgeographischen; entsprechend war der Exkursionsführer aufgebaut, der den Teilnehmern zu Beginn der Fahrt ausgehändigt wurde.

Nach zügiger Fahrt durch die Oberrheinebene und entlang der Haardt und der Zaberner Senke gelangte man wie geplant am späten Vormittag nach Strasbourg, Hauptstadt der Region Elsass und Präfektur des Départements Bas-Rhin. Ziel des Besuchs war die Altstadt und insbesondere das romanisch/gotische Münster Notre-Dame, wohin Prof. Pletsch die Teilnehmer von den Ponts Couverts, Teile der alten Befestigungsanlage, durch das ehemalige Gerberviertel La Petite France und weiteren Gassen der Altstadt führte.


Häuserzeile an der Ill Canalisé im ehemaligen Gerberviertel La Petite France von Strasbourg (Foto: W. Mehlitz)

Zunächst wurde das Münster von seiner Südseite betrachtet und dessen Bauphasen sowie Struktur erläutert. Leider war das berühmte, auf der Südseite gelegene romanische Doppelportal wegen Restaurationsarbeiten nicht zugänglich. Im Anschluss wurde die eindrucksvolle Hauptfassade des Bauwerks mit ihren drei Portalen und der großen Westrosette im Detail vorgestellt.


Skulpturen der klugen Jungfrauen am Gewände des südlichen Portals der Westfassade des Münsters Notre-Dame in Strasbourg (Foto: W. Mehlitz)

Im Innern konnte man die eindrucksvolle Gestaltung und die Ausstattung bewundern. Dazu gehörten die farbigen Fenster, die Westrosette, die bis ins Gewölbe hinaufragende Silbermann-Orgel, die steinerne Kanzel mit ihren reichen Verzierungen und Skulpturen sowie der Engelspfeiler und die Astronomische Uhr – die beiden Letztgenannten im südlichen Arm des Querschiffes. Die anschließende Mittagspause wurde von einigen auch genutzt, um einen zusätzlichen Rundgang zu unternehmen. Als Abschluss war noch ein Blick von der Panorama-Terrasse des Barrage Vauban (Vauban-Wehr) auf das Gerberviertel und dem im Hintergrund herausragenden Münster gegeben.


Strasbourg. Blick über die Ill und den Ponts Couverts zur Altstadt mit dem alles überragenden Münster Notre-Dame (Foto: W.-F. Bär)

Nach schöner Fahrt entlang der nördlichen Vogesen mit den zahlreichen Burgen und den an ihrem Fuß angelegten Weinbaufeldern kam man am Nachmittag nach Riquewihr, einer vollständig von einer Befestigungsmauer des 16. Jhs. umgebenen Ortschaft, die ein prächtiges Ensemble an Fachwerkhäusern aufweist. Der Ort wurde teils gemeinsam, teils individuell erkundet. Sehenswerte Bauten sind vor allem entlang der Hauptstraße zu finden, die sich vom Rathaus bis zum Dolder und dem Obertor mit seiner Fallbrücke hinauf zieht.


Riquewihr. Farbenfrohe Fachwerkhäuser entlang der Hauptstraße
(Foto: W. Mehlitz)

Interessant zu beobachten sind die zahlreichen auf der Stadtmauer sitzenden Wiekhäuser. Auffällig sind auch die vielen Weinhandlungen, in denen hervorragende Weine zum Kauf angeboten werden. Vorbei an Colmar erreichte die Reisegesellschaft am späten Nachmittag das mitten in den Vogesen gelegene Muhlbach-sur-Munster, in dem sich das Hotel Perle des Vosges, Bleibe der nächsten Tage, befindet.


Außenansicht des Hotels Perle des Vosges in Murbach-sur-Munster
(Foto: W. Mehlitz)

Der zweite Exkursionstag galt vorrangig der Stadt Colmar, der drittgrößten Stadt des Elsass und Sitz der Präfektur des Départements Haut-Rhin. Schwerpunkte des hiesigen Aufenthalts waren die Besuche des Musée d’Unterlinden und der Dominikanerkirche sowie ein geführter Rundgang durch die Altstadt.


Das Musée d’Unterlinden in Colmar, ein ehemaliges am Canal de la Sinn gelegenes Dominikanerinnenkloster (Foto: W.-F. Bär)

Davor gab es noch genügend Zeit, um sich die Renaissancefassade des Kopfhauses, der Maison des Têtes (1607), anzuschauen, die durch die Vielzahl angebrachter Kopfmasken beachtenswert ist. Im Musée d’Unterlinden, das seit 1849 im ehemaligen Dominikanerinnenkloster untergebracht ist, galt das Hauptinteresse dem Isenheimer Altar. Vorab gab Dr. R. Pfeiffer, der eigens aus Freiburg i. Br. zur Gruppe gestoßen war, hierzu entsprechende Erläuterungen. Der aus der Antoniterkirche stammende, aus drei Wandelbildern bestehende Altaraufsatz ist heute getrennt aufgestellt. Der Flügelaltar ist das Hauptwerk des Meisters Matthias Grünewald und stammt aus den Jahren 1512-1515. Mit Hilfe von Audiophonen konnte jeder der Gruppe individuell die wichtigsten Informationen erhalten. Es folgte der Besuch der Dominikanerkirche, um hier das Gemälde Martin Schongauers „Die Madonna im Rosenhag“ von 1473 zu bewundern. Das Bild wurde ausführlich von Herrn Dr. Pfeiffer beschrieben. Anschließend führte Prof. Pletsch die Gruppe durch die Altstadt von Colmar. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Museum Bartholdi, dem Pfisterhaus, der Maison Pfister, einem mit seinen Arkaden, Erker, Holzgalerie und Treppenturm auffallenden Renaissancebau, sowie dem Koïfhus, der Ancienne Douane von 1480, das älteste öffentliche Gebäude der Stadt, geschenkt.


Blumenschmuck am Muhlbach mit Fachwerkhäusern an der Place de l’Ancienne Douane in Colmar (Foto: W. Mehlitz)

Durch das Gerberviertel (Quartier des Tanneurs) hindurch gelangte man zur Markthalle, der Marché couvert. Zum Schluss wurde das idyllische mit farbenfrohen Fachwerkhäusern angereicherte Fischerviertel Krutenau, La Petite Venise, auf­gesucht. Für die gelungene Sanierung beider genannten Viertel wurde der Stadt Colmar 1975 die Europa-Goldmedaille für Denkmalschutz verliehen. Nach der Mittagspause stand Breisach und hier insbesondere der Besuch des auf einem Felsen hoch über dem Rhein emporragenden St. Stephansmünsters auf dem Programm.


Breisach am Rhein. Ansicht des hoch über der Stadt gelegenen St. Stephans­münsters (Foto: W. Mehlitz)

Zunächst gab Dr. Pfeiffer Erläuterungen zur Geschichte und Struktur des spätromanischen/gotischen Bauwerks und verwies auf die Innenausstattung, speziell auf den holzgeschnitzten Hochaltar von 1526 des Meisters H. L. (Hans Loy?) sowie auf das große Wandgemälde des Jüngsten Gerichts von Martin Schongauer, das die ganze Westhalle des Doms ausfüllt. Lettner und Silberschrein verdienten ebenfalls Beachtung. Im Anschluss an die Dombesichtigung war am östlichen Stadtrand von Breisach die Reisegruppe zu Gast in der Badischen Winzergenossenschaft. Nach einer Filmpräsentation und einer kurzweiligen Führung durch die Hallen des imposanten Kellereigebäudes mit ihren gewaltigen Gär- und Lagertanks sowie dem eindrucksvollen Holzfasskeller fand eine kleine Weinprobe statt. Auf der Fahrt zum Hotel wurde noch ein Halt in Neuf-Brisach eingelegt, dessen Grundriss und Struktur sich jedoch am besten auf einem Plan oder einem Luftbild wahrnehmen lassen. Den Abend verbrachte man bei gutem Essen erneut im Hotel.

Der Vormittag des dritten Exkursionstages galt vorrangig naturwissenschaftlichen Themen. Die Fahrt erfolgte zunächst über den 1139 m liegenden Col de la Schlucht zum Hohneck. Während der Auffahrt ging Prof. Pletsch auf die hier deutlich erkennbaren Höhenstufen der Vegetation ein. Am Hohneck (1363 m) angekommen, wurde zunächst anhand von Karten eine Übersicht zur Geologie und Geomorphologie des Raumes gegeben und speziell auf die glaziale Überformung der Landschaft hingewiesen, deren höchste Bereiche von den Haut-Chaumes, den Hochweiden, eingenommen werden. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr das unmittelbar südlich gelegene Kar als oberer Abschluss des Wormsatales.


Am Hohneck erläutert Prof. Pletsch Geologie und Geomorphologie des Raumes
(Foto: W. Mehlitz)

Blick vom Hohneck in das Kar des Wormsatals (Foto: W.-F. Bär)

Weiter auf dem südlichen Abschnitt der Vogesen-Höhenstraße, der Route des Crêtes, aus militärischen Schutzgründen im 1. Weltkrieg auf der Westseite des Gebirgskammes erbaut, gelangte man zum Parkplatz am Col du Grand Ballon (1343 m). Von hier aus bestiegen die meisten Teilnehmer die Anhöhe am Ehrenmal der Diables Bleus, eines Gebirgsjägerbataillons des 1. Weltkrieges, und ab hier den rd. 600 m entfernten 1424 m hohen Gipfel mit dem Aussichtsturm, einer Radarstation, die der zivilen Luftfahrt dient.


Gipfelbereich des Grand Ballon mit Radarstation. Mit 1424 m stellt er die höchste Erhebung der Vogesen dar (Foto: S. Mehlitz)

Nach der Mittagspause im Panoramarestaurant La Vue des Alpes wurde die Fahrt bis Thann fortgesetzt. Ziel in Thann war das Münster St.-Thiébaut. Haupt­sehens­würdigkeit am Münster ist das Westportal, das 150 Szenen mit rd. 500 Figuren zeigt.


Südansicht der Collégiale Saint-Thiébaut, des gotischen Münsters zu Thann
(Foto: W. Mehlitz)

Ein weiterer Halt erfolgte in Murbach, um die im engen Tal der Breitenbachrunz gelegene ehemalige, vom Heiligen Pirmin 728 gegründete Benediktinerabtei anzuschauen. Von dem im 12. Jh. errichteten Bau existieren nur noch der Chor mit Nebenchören, das Querschiff und zwei stattliche Türme. Besonders auffällig ist die Gestaltung der östlichen Partie, die sich gerade ohne Apsiden darstellt, dafür aber stark durch Ornamente gegliedert erscheint.


Ostfassade der ehemaligen Benediktinerabtei Murbach vom 12. Jh. Beachtenswert ist die vielfältige Ornamentik (Foto: W. Mehlitz)

Krönender Abschluss des Tagesprogramms war der Besuch des historischen Ortes Eguisheim, der, an der Elsässischen Weinstraße südwestlich von Colmar gelegen, als eines der schönsten Dörfer Frankreichs klassifiziert ist, touristisch sich aber stark überlaufen präsentierte. Das überwiegend aus Fachwerkbauten bestehende, prächtig mit Blumen geschmückte Häusermeer ist nahezu ringförmig um die zentrale Burganlage angeordnet.


Mit Blumen geschmückte Fachwerkhäuser in der Rue du Rempart Sud in der Ortschaft Eguisheim (Foto: W. Mehlitz)

Eine Brunnenstatue am Schlossplatz erinnert an Papst Leo IX, der 1002 als Graf Bruno von Egisheim auf einer nahe gelegenen Burg geboren wurde. Bei einem teils geführten, teils individuellen Rundgang wurde der Siedlungskern erkundet; auch die Möglichkeit zur Einkehr in eine der reizvollen Weinschenken wurde von manchem wahrgenommen. Den Abend verbrachte die Reisegruppe erneut beim gemeinsamen Essen im Hotel.

Der letzte Exkursionstag begann mit dem Wiederanstieg zum Col de la Schlucht und der Weiterfahrt entlang des nördlichen Abschnitts der Route des Crêtes zum Col du Bonhomme und im Tal der Lièpvrette nach Ste.-Marie-aux-Mines, dessen Name schon auf Bergbautätigkeit hinweist, wie sie von Prof. Pletsch erläutert wurde. Ohne Halt ging es weiter zur Haut-Koenigsbourg, wo wir zu einer Führung angemeldet waren. Die von Friedrich II gegründete Anlage wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrfach zerstört. 1899 hat die Stadt Sélestat, der sie gehörte, sie dem deutschen Kaiser Wilhelm II als Geschenk vermacht, der sie als Zeichen der Macht des Deutschen Reiches restaurieren ließ. Heute ist sie eine Touristenattraktion. Ungeachtet der Menschenmassen hatte man bei der Führung die Möglichkeit, sich ein Bild von der Gestaltung der Burg, den zahlreichen Räumen und deren Ausstattung zu machen, ganz zu schweigen vom prächtigen Blick, den man vor allem von der Höhe des Westbollwerks auf Anlage und umgebende Landschaft genoss.


Blick auf die Südflanke der Haut-Koenigsbourg mit Zwinger und Bergfried
(Foto: W. Mehlitz)

Oktogonale Treppe im Oberen Burghof der Haut-Koenigsbourg
(Foto: W. Mehlitz)

Die folgende Mittagspause erfolgte im ebenfalls touristisch stark frequentierten Obernai, zeitweise Reichsstadt, das wie Colmar, Munster, Mulhouse oder Sélestat seit 1534 zum Elsässer Zehnstädtebund gehörte.


Obernai. Marktplatz mit Rathaus und Brunnen Sainte-Odile, links der Kapellturm (Foto: R. Zacharias)

Als abschließender Punkt der Reise wurde der SW davon gelegene Mont Sainte-Odile, der Odilienberg, aufgesucht. Hier angekommen, führte Prof. Pletsch die Gruppe zunächst zur unweit des Klosters noch existierenden so genannten Heidenmauer, die nach neuesten Erkenntnissen vom Ende des 7. Jhs. stammen soll, deren Funktion allerdings nicht eindeutig geklärt ist. Ein individueller Rundgang durch die Anlagen des Klosters mit Sicht in die Oberrheinebene und auf die Vogesen schloss das vorgesehene Tagesprogramm ab.


Mont Sainte-Odile. Eingangsbereich der Klosteranlage (Foto: W. Mehlitz)

Frankfurt a. M. wurde kurz nach 20:00 Uhr erreicht. Herrn Prof. Pletsch sei an dieser Stelle für sein Engagement und für die vielfältigen Erläuterungen bestens gedankt.

 

Werner-Francisco Bär, Oberursel (Ts)

nach oben
© Sektion Hessen der Deutschen Gesellschaft für Kartographie