Exkursion 2007

Franken

Die Fachexkursionsreihe der Sektion Hessen der Deutschen Gesellschaft für Kartographie wurde in diesem Jahr mit einer Reise ins Frankenland fortgesetzt; insgesamt gesehen, war es die 35. Fahrt.

Am Freitag, dem 22. Juni 2007, versammelten sich 43 gutgelaunte, reisefreudige Exkursionsteilnehmer am Frankfurter Busbahnhof. Herr Löw, ein mittlerweile Sonderwunsch erprobter Mitarbeiter der Firma Ramsauer, erwartete uns schon mit seinem Bus.

Vor der Abfahrt wurde ein Teilnehmer von einem Reporter des HR befragt, ob er sich, nach der Häufung der zuletzt ereigneten schweren Busunfälle, denn sicher fühle, wenn er jetzt auf eine Busreise gehe. Kurz nach 8:00 Uhr startete man in Richtung Forchheim. An der Raststätte Wertheim/Lengfurt stieg noch Herr H. Uhrig dazu. Trotz erheblichen Staus ab Geiselwind konnte Forchheim in etwa zur gewünschten Uhrzeit erreicht werden, so dass alle Teilnehmer ausreichend Zeit für eine Stadtbesichtigung und/oder ein gemütliches Mittagessen hatten.

Forchheim liegt an der Mündung der Wiesent in den Main-Donau-Kanal und wird urkundlich erstmals 805 im Diedenhofener Capitulare Karls des Großen belegt. Im 9. und 10.Jahrhundert gewinnt die Stadt als Königspfalz, Wahl- und Krönungsort der späteren Karolinger an Bedeutung. Durch Schenkung Kaiser Heinrich II geht Forchheim 1007 an das von ihm gegründete Bistum Bamberg. Bis zur Säkularisation des Hochstifts 1802/03 bestimmten Fürstbischöfe als Landesherren die Geschichte der Stadt. Forchheim wird zur 2. bischöflichen Residenz und ab 1552 etwa 200 Jahre lang zur Grenzfestung des Hochstifts ausgebaut. Das mittelalterliche Forchheim war eine reine Fachwerkstadt. Mit  dem Ausbau zur Festung änderte sich das Stadtbild, Steinfassaden mit Barockbaukunst und Mansardendächern hielten Einzug.

Nach der Mittagspause ging die Fahrt weiter in Richtung Pottenstein durch eine reizvolle Landschaft entlang der Wiesent. Bemerkenswerte Karstformationen, einschließlich Höhlen und Grotten, die zum Teil für Besichtigungen ausgebaut sind, begleiten die Strecke. In Tüchersfeld, einem Ortsteil von Pottenstein (Oberfranken), wurde spontan eine Fotografierpause eingelegt, um die bizarren Karsttürme zu erfassen.


Imposante Karstformen überragen die Ortschaft Tüchersfeld im Bereich des Püttlachtals in der Fränkischen Alb (Foto: W. Mehlitz)

Dabei entdeckten Teilnehmer an einer Gartenmauer große Ammoniten und Ammonitenabdrücke (40 cm im Durchmesser und kleiner). Dr. Bär konnte die Echtheit bestätigen und erklärte, wie sich mit Hilfe der Lobenlinien Alter und Entwicklungsstufe bei Ammoniten bestimmen lassen.

Nach Überquerung der Wasserscheide Rhein/Donau im Raum Kirchenthumbach wurde punkt 16:00 Uhr das gesteckte Ziel das GEO-Zentrum an der Kontinentalen Tiefbohrung der Bundesrepublik Deutschland (KTB) bei Windischeschenbach erreicht.


Der 83 m hohe Bohrturm der weltweit größten Landbohranlage KTB (Kontinentale Tiefbohrung der Bundesrepublik Deutschland) bei Windischeschenbach in der Oberpfalz (Foto: A. Illert)

Im 1992 errichteten Informationszentrum der KTB wurde nach einigen einführenden Erläuterungen ein allgemein gehaltener Film zur Geschichte und dem Verlauf der Bohrungen in Windischeschenbach gezeigt. Im Anschluss daran wurden die im Vorraum ausgestellten Gesteinsproben, Bohrkerne, Bohrkronen und Bohrmeißel sowie einige Infotafeln genauer erklärt.


Das Geo-Zentrum am Bohrturm der KTB (Foto: W. Mehlitz)

Die Lage Windischeschenbachs am Westrand der Böhmischen Masse über der Nahtstelle zwischen dem Moldanubikum (Ur-Afrika) und dem Saxothuringikum (Ur-Europa), an der sich durch Kollision der zwei Kontinente vor 300-350 Mio. Jahren verschiedene Krustenbereiche übereinander schoben, gab den Ausschlag an dieser Stelle, erst Probebohrungen und später auch die Hauptbohrung durchzuführen. Wichtiger Bestandteil der Forschungsbohrung war die Gewinnung fester, flüssiger und gasförmiger Stoffe zur wissenschaftlichen Untersuchung. Dieses Großforschungsprogramm der deutschen Geowissenschaften wurde von der BMFT getragen, mit 530 Mio. Mark finanziert und stellt ein Teilprogramm zur weltweiten Erkundung der Lithosphäre dar.

Von 1986 bis 1989 wurde die Vorbohrung durchgeführt, mit der man eine Tiefe bis 4000 m erreichte. Die Hauptbohrung folgte eineinhalb Jahre später im Abstand von 200 m und wurde 1994 in 9101 m Tiefe bei etwa 270° C beendet. Die Geschwindigkeit der Bohrung betrug etwa ein Meter pro Stunde. Es wurde in drei Schichten pro Tag ohne Unterbrechung an 1468 Bohrtagen gearbeitet. Alle Proben und Bohrkerne nummeriert, der entsprechenden Tiefe zugeordnet und inventarisiert. Neben zahlreichen vor Ort tätigen Wissenschaftlern, die in über 100 Einzelprojekten Gesteine, Flüssigkeiten und Gase untersuchten, wurden an 36 Universitäten und Forschungseinrichtungen des In- und Auslandes Zusatzuntersuchungen vorgenommen.

Unter dem Dach der Voltaikanlage, unter dem die Gruppe Schutz vor dem starken Regenschauer gesucht hatte, erläuterte der Fachmann der KTB die dort abgelegten Bohrgerätschaften.

Im Anschluss wagte eine kleine Zahl der mit Sicherheitshelmen ausgestatteten Teilnehmer den Aufstieg bis zur ersten Plattform des 83 m hohen Turmes. Im dortigen Besucherraum wurde ein gut verständlicher Film über die Arbeit auf der Plattform während der Bohrung gezeigt.

Nach dem Besuch der KTB ging es direkt nach Bayreuth zum Hotel, wo die Gruppe gegen 19:00 Uhr eintraf. Die Zimmerverteilung im „Goldener Hirsch“ lief am Schnürchen, und mit Ruhe konnten die Teilnehmer ihren Abend individuell gestalten.

Am Samstagmorgen stieß Herr Prof. Dr. Zöller, Lehrstuhlinhaber für Geomorphologie an der Universität Bayreuth, zur Exkursionsgruppe und übernahm die fachliche Leitung der Tagesfahrt im Bereich der Frankenalb. Am ersten Standort an einer stillgelegten Kiesgrube im Trebgasttal wurden die vom Gewässer transportierten Schotter vorgestellt (übrigens, das Berliner Reichstagsgebäude ist aus Trebgaster Sandstein gebaut). Die Namensursprünge des roten und weißen Main kamen dabei auch zur Sprache: Die Schwebstoffe im Wasser des roten Mains stammen von schwarzem und braunem Jura sowie dem Keuper. Beim weißen Main ist der Schwebstoffanteil geringer und besteht aus dem helleren Material des Fichtelgebirges.


Stillgelegte Kiesgrube im Trebgasttal, an dem Prof. Dr. Zöller fluvial transportierte Schotter vorstellte (Foto: W. Mehlitz)

Im Vordergrund stand die Frage der Entwicklung des oberfränkisch/oberpfälzischen Entwässerungsnetzes und der europäischen Hauptwasserscheide zwischen rhenanischem und danubischem System. Alle Urflüsse entwässerten wahrscheinlich in Richtung der heutigen Donau. Erst ab der Wende Pliozän/Pleistozän wird der Erosionsimpuls des Rheins stärker und die erreichbaren Flusssysteme werden in Richtung Nordwesten zum Rhein hin umgelenkt. Die Folge davon ist, dass die europäische Hauptwasserscheide nach Südosten verlagert wird und dieser Prozess noch andauert. Die Windungen des Mains mit den starken Kehren sind die Beweise über Fließrichtungsänderungen auf Grund der tektonischen Verkippung nach Südwesten bzw. nach Süden. Bedingt durch starke Regenschauer – aber auch durch Zeitmangel, da die Gruppe zu Führungen in der Kirche und im Kloster Banz angemeldet war – erklärte Prof. Zöller die geomorphologischen Zusammenhänge des Raumes im Bus.

Die Kirche zum Kloster Banz, den Heiligen Petrus und St. Dionysius geweiht, ist ein Beispiel für den süddeutsch-böhmischen Barock. Der Grundriss des Innenraums beruht auf mehreren Ellipsen. Zahlreiche Fresken und Figuren ergeben ein harmonisches Gesamtbild. Sehr eindrucksvoll sind die herrlichen Holzintarsienbilder über dem Chorgestühl, deren lebhafte und kräftige Farbgebung auf der nicht vom Sonnenlicht bestrahlten Seite des Raumes deutlich zu erkennen war.


Exkursionsgruppe trifft zur Besichtigung in Schloss Banz ein (Foto: W. Mehlitz)

Anschließend wurde das ehemalige Kloster besucht. Die Führung übernahm Herr Schnabel, der die Teilnehmer im reich stuckierten Kaisersaal begrüßte und die Entwicklung des Hauses erläuterte.

1069 kam die Anlage durch Stiftung an die Benediktiner. Danach war Banz etwa 600 Jahre ein Kloster, um unter den Wittelsbachern in ein Schloss gewandelt zu werden. Während des 2. Weltkriegs wurde es in ein Lazarett umfunktioniert. 1983 übernahm die CSU-nahe Hans-Seidel-Stiftung alle Gebäude mit Ausnahme der Kirche, die weiterhin Pfarrkirche blieb. Mit einem abschließenden Blick von der Terrasse auf das Maintal und der herausragenden Albstufe mit dem markanten Staffelberg und der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen fand die Führung ihr Ende.


Blick von der Schlossterrasse in Banz in das Maintal, auf die Jura-Schichtstufe und zur Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen (Foto: W. Mehlitz)

Die geplante Besichtigung von Vierzehnheiligen musste aus Zeitknappheit leider fallengelassen werden, denn für 13:30 Uhr war bereits das Mittagessen in der Kleinbrauerei Stadter bestellt, und Sachsendorf lag nicht gerade um die Ecke.

Trotz zeitiger Vorbestellung der Gerichte zog sich die Mittagspause länger als vorgesehen hin, so dass mit gewisser Verspätung die Fahrt erst fortgesetzt werden konnte. Wegen der schlechten Witterung hatte Herr Zöller vorsichtshalber Gesteinsproben mitgebracht, die er bei einem kurzen Stopp auf dem Weg zur Hollberger Mulde vorstellte und erklärte. Ein interessantes Gestein darunter war der Lydit oder auch Radiolarit, ein graues bis schwärzliches Sedimentgestein, das hauptsächlich aus den Skeletten der Radiolarien (Strahlentierchen) besteht.

Weiter führte die Fahrt Richtung Hollfeld. In der Ferne konnte man Burg Zwernitz erkennen. Bekannter ist der darunter liegende Felsengarten Sanpareil, den die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth 1744 anlegen ließ. In Donndorf ging es vorbei an Schloss Fantaisie, das im Auftrag der Tochter der Markgräfin erbaut wurde.

Auf dem Weg zurück nach Bayreuth wurde ein letzter Halt eingelegt, bei dem auf einem kurzen steilen Anstieg im Wald von Meyernberg die Gruppe einen kleinen Fußmarsch zu einer Naturbrücke aus Gümpelschem Sandstein unternahm, dem so genannten lauschigen Plätzchen der Markgräfin Wilhelmine. Auf jeden Fall eine sehenswerte Stelle, ob sie lauschig ist, sei dahingestellt – allerdings sind ja seit jener Zeit auch einige Jahre vergangen!

Die Tagesfahrt endete am Hotel, in dem das aufgetischte Buffet auf die Reisegruppe zum gemeinsamen Abendessen wartete. Als Gäste der Reisegruppe waren Herr Prof. Zöller, seine Gattin und Herr K. Appelt, Kartographie und Verlag, aus Gundelsheim eingeladen.

Für den Sonntag standen noch zwei Punkte auf dem Programm: der Besuch der Eremitage und der Aufenthalt in Bamberg. Herr Kaiser, ein Mitarbeiter der bayrischen Schlösserverwaltung, erwartete die Gruppe zur Führung vor dem Pavillon des Neuen Schlosses. Ursprung der jetzigen Rokokoanlage ist ein Wildpark, der 1666, um Jagdtiere zu halten, in einem Waldstück angelegt wurde. Das von drei Seiten vom Roten Main begrenzte Waldgebiet wurde 1715 vom Markgrafen Georg Wilhelm als Schaubühne höfischer Eremitenspiele genutzt. Der Hof des Markgrafen imitierte das „einfache Leben“ gemäß den Regeln des Ordens. Die Wohnräume waren mit kargem Mobiliar ausgestattet, das Besteck und das Geschirr waren aus Holz bzw. irden. Als die Markgräfin Wilhelmine 1735 die Eremitage von ihrem Gatten als Geschenk erhielt, begann sie umgehend mit Um- und Anbauarbeiten am Alten Schloss. Ihr besonderes Interesse galt jedoch den Gartenanlagen. So entstanden auch die künstlich „ruinösen“ Grotten, die Tempelruine und das Ruinentheater. Die Fassade war vollständig mit Bruchstücken aus farbigem Glasfluß und Quarzen verkleidet. Die stündlich anspringenden Wasserspiele in den vielen Bassins werden noch heute aus den Quellen und mit Hilfe zweier Wassertürme aus der Entstehungszeit gespeist. Punkt 10:00 Uhr begann das Wasserschauspiel im großen Bassin, sozusagen zu Füßen des in der Sonne leuchtenden Apollos auf der Kuppel des zentralen Pavillons, ein Ambiente, das die Teilnehmer zu einem Gruppenfoto auf den Stufen des so genannten Parterre anregte.


Gruppenfoto der Exkursionsteilnehmer auf den Stufen des so genannten Parterre vor dem zentralen Pavillon der rokokozeitlichen Eremitage in Bayreuth (Foto: W. Mehlitz)

Die Gartenanlagen mit den herrlichen Blumenbeeten, versteckten Pavillons, Laubengängen und großen Rasenflächen konnten gar nicht ausgiebig genug bewundert werden.

Zur Mittagszeit wurde dann Bamberg erreicht. Um 14:00 Uhr traf man sich auf der oberen Brücke am ehemaligen Rathaus zur Stadtführung. In zwei Gruppen ließ man sich herausragende Sehenswürdigkeiten zeigen und erläutern, darunter den Dom, die Hofhaltung und die Neue Residenz mit den prächtigen Rosengarten. Bei der Dombesichtigung wurde insbesondere auf das Hochaltar, auf das Grabmal Heinrichs II und Kunigunde, ein Werk Riemenschneiders, auf den reichen Figurenschmuck einschließlich des Bamberger Reiters und auf die Krypta hingewiesen. Vom prächtig blühenden Rosengarten aus hatte man einen schönen Blick zum ehemaligen Benediktinerkloster St. Michaelsberg und über die Dächer der Altstadt Bambergs.

Nach der gelungenen Stadtbesichtigung, die einige bis zum St. Michelsberg ausdehnten, blieb noch genügend Zeit für eine Kaffeepause, ehe dann „Am Kranen“, in unmittelbarer Nachbarschaft von „Klein-Venedig“ die Rückreise angetreten wurde. Gegen 20:00 Uhr erreichte man Frankfurt am Main.


Alle Höhepunkte der Franken-Exkursion zeichnerisch zusammengefasst

An dieser Stelle sei allen gedankt, die zum Gelingen der Exkursion beigetragen haben.

Rita Schember, Frankfurt am Main und Werner-Francisco Bär, Oberursel (Ts)

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