Exkursion 1998

Stuttgart und Schwäbische Alb

Im Winterhalbjahr 1998/99 stand eine zweitägige Fachexkursion nach Stuttgart und in die Schwäbische Alb auf dem Programm. An der Exkursion, die am 25. September 1998 um 7:00 Uhr in Frankfurt a. M. begann, beteiligten sich erneut DGfK-Mitglieder vom LV Thüringen, die allerdings erst in Stuttgart dazustießen.

Nach Ankunft in Stuttgart wurde noch am Vormittag die Firma Geodata GmbH & Co KG besucht, ein Teilbereich der Falk-Verlag AG. Die Produkte dieses Unternehmens sind sowohl Landkarten in analoger Form als auch CD ROMs und digitale Daten. Geodata ist speziell zuständig für die Erfassung und Pflege von kartographisch-geographischen Daten sowie für die Herstellung kartographischer Produkte bis zur fertigen Druckvorlage. Unter der vorzüglichen Führung von Dieter Meinhardt wurden eindrucksvoll Entwurf, Herstellung und Substanznutzung der Weltatlaskartographie "New World Edition" erläutert und an einer Vielzahl von praktischen Beispielen demonstriert. Bei dem sich anschließenden Rundgang durch die kartographische Abteilung wurden im Bereich der Redaktion Arbeiten zur Dokumentation, Korrektur und Laufendhaltung der Verlagskartenwerke vorgestellt. Die redaktionelle Recherche wird im Hause durchgeführt, die Bearbeitung der kartographischen Daten erfolgt digital. Die in Datenbanken organisierten kartographischen Daten sind in der Regel flächendeckend und blattschnittfrei vorhanden und liegen je nach Maßstab als Raster- oder Vektordaten vor. Schließlich wurden auch die ersten Schritte bzw. Tests zum Erhalt des Redaktionsmaterials über Internet angesprochen, so daß die Besucher einen guten Gesamteinblick in die Tätigkeit dieser Firma bekamen. Parallel zum Besuch der Firma Geodata bestand die Möglichkeit, im Zuge des Rahmenprogramms die in der Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlungen, gezeigten Lithographien von Marc Chagall zu besichtigen, eine Ausstellung die vornehmlich von Angehörigen der teilnehmenden LV-Mitglieder wahrgenommen wurde.

Nach der Mittagspause waren alle Exkursionsteilnehmer Gast der Württembergischen Landesbibliothek. Hauptziel des Besuches war die Abteilung "Karten und Graphische Sammlungen" mit ihrem Schatz an historischen Karten. Zu Beginn gab der Leiter der Abteilung, Rudolf Henning, eine Einführung in Aufbau, Zusammensetzung und Nutzungsweise der genannten Einrichtung. Im Anschluß daran konnten die Besucher mehrere Kleinode der Kartensammlung bewundern. Mit einem Rundgang speziell in den Magazinräumen des Hauptgebäudes der Bibliothek unter Führung van Wolfgang Crom, dem Fachreferenten für Geographie und Karten, endete der Besuch. Unmittelbar danach setzten die Exkursionsteilnehmer ihre Fahrt fort bis nach Bad Urach, wo sie den Exkursionstag abschlossen.

Schwerpunkt des zweiten Exkursionstages war die Schwäbische Alb, das zu behandelnde Hauptthema die Karstgeomorphologie dieses Raumes. Die Leitung dieser Tagesfahrt übernahm Prof. Dr. Karl-Heinz Pfeffer, Lehrstuhlinhaber für Physische Geographie am Geographischen Institut der Universität Tübingen, der zur besseren Information für die Teilnehmer einen Exkursionsführer vorbereitet hatte. Die Fahrt begann um 8:00 Uhr und führte in nordwestlicher Richtung zunächst bis zum Eingang des Maisentals, von wo aus die Exkursionsteilnehmer nach einer kurzen Wanderung entlang des Brühlbachs den Uracher Wasserfall erreichten.


Blick ins westlich Bad Urach gelegene Maisental Richtung Schloßberg
(Foto: W.-F. Bär)


Uracher Wasserfall. Das am Rande der Schwäbischen Alb entspringende Wasser ergießt sich über Kalktuffe etwa 37 m in die Tiefe und sammelt sich zum Brühlbach (Foto: W.-F. Bär)

Hier angelangt, erläuterte Prof. Dr. Pfeffer die Chemie des Karstwassers mit den dazugehörigen Lösungsvorgängen.


Prof. Dr. Pfeffer erläutert geomorphologische und hydrologische Verhältnisse am Uracher Wasserfall (Foto: W.-F. Bär)

(An dieser Stelle gratulierte der LV seinem ehemaligen, langjährigen Schriftführer Helmut Uhrig zum 65. Geburtstag!). Wieder zurück am Bus wurde die Fahrt über Dettingen, Metzingen und Eningen bis zum Rand des Albaufstiegs fortgesetzt. Von der Eninger Steige aus war es möglich, vorrangig in westliche Richtung das Albvorland in der Umgebung von Eningen mit dem herausragenden 707,1 m hohen Zeugenberg Achalm sowie im Hintergrund den knapp 602 m hohen Vulkanschlot des Georgenbergs zu beobachten. Südwestlich des Standorts war deutlich der Stufenrand der Alb festzustellen. Erklärt wurde hier das Nutzungsmuster des Albanstiegs mit den Siedlungen und Feldfluren, den Streuobstwiesen mit Freizeitanlagen sowie den Waldgebieten am Steilanstieg. Der nächste Halt am großen Steinbruch des Renkenbergs diente der Vorstellung mächtiger Riffstutzen.

Hier angelangt, erläuterte Prof. Dr. Pfeffer die Chemie des Karstwassers mit den dazugehörigen Lösungsvorgängen.


Riffstutzen im Steinbruch am Renkenberg östlich Eningen (Foto: W.-F. Bär)

Auf der Albhochfläche in ca. 710 m Höhe nahe St. Johann angekommen, wurden die Vegetationsentwicklung und die derzeitige Nutzung dieses Gebietes erläutert. Deutlich ließ sich hier die charakteristische Morphologie der Albhochfläche mit ihren ausgedehnten Karstwannen und den herausragenden Kuppen veranschaulichen.

Hier angelangt, erläuterte Prof. Dr. Pfeffer die Chemie des Karstwassers mit den dazugehörigen Lösungsvorgängen.


Weitgespannte Karstwannen und Kuppen im Bereich des Albguts Lindenhof südöstlich der Eninger Steige (Foto: W.-F. Bär)

Desgleichen auch im Bereich des Albguts Lindenhof. An dieser Stelle ging Prof. Pfeffer vorrangig auf die Besiedlung der Alb, die Hügelgräber und den Bohnerzabbau zu keltischer Zeit ein. Über Bleichstetten führte die Strecke zurück nach Bad Urach, wo jeder Teilnehmer die Mittagspause individuell gestalten konnte.


Altstadtkern von Bad Urach mit Rathaus (Foto: W.-F. Bär)

Am Nachmittag wurde die Fahrt entlang des Ermstals mit seinen eindrucksvollen Steilwänden aus Kalktuff zunächst bis nach Seeburg fortgesetzt. Durch das Fischbachtal in nördliche Richtung gelangte man über Hengen bis in die Nähe von Grabenstetten. Erneut auf der Albhochfläche wurde ein Halt am "Heidengraben" eingelegt, der ein Teil eines keltischen Oppidums aus dem 1. Jh. v. Chr. darstellt, dessen Kern westlich der genannten Ortschaft lag. Hier, an der Berghalbinsel zwischen Lauter- und Ermstal, entstand eine große Ansiedlung mit zahlreichen Befestigungen, mit über 1660 ha die größte Anlage jener Zeit in Mitteleuropa. Vorbei an Böhringen war Zainingen der nächste Halt, an dem der Vulkanismus zur Sprache kam. Wenig wasserdurchlässige Tuffe blieben bei nachlassender Vulkantätigkeit in den Schloten stecken und verstopften diese. Die entstandenen Krater füllten sich mit Niederschlagswasser und bildeten einen See, der in diesem Raum Hüle bezeichnet wird und in der wasserarmen Weißjura-Landschaft einen begehrten Mittelpunkt von Ansiedlungen darstellt.


Die Hüle von Zainingen. Mit Wasser gefüllte Hohlform eines ehemaligen, durch undurchlässige Tuffschichten plombierten Vulkanschlots
(Foto: W.-F. Bär)

Die Hüle von Zainingen ist ein Charakteristikum, zumal die meisten von ihnen bereits verlandet sind. Bis zum Bau der Abwasserversorgung 1921 wurde sie als Viehtränke und Brauchwasserreservoir für das Dorf genutzt. Von der Umgehung von Suppingen ans, ca. 15 km weiter in südöstlicher Richtung, wurde ein Blick auf die Flächenalb geworfen und deren geomorphologische Entwicklung erörtert. In Blaubeuren, der letzten Station und Wendepunkt der Nachmittagsschleife, wurden der Verlauf der alten Donau sowie die Entstehung des Umlaufbergs im Blautal besprochen. Bei einem Rundgang um den Blautopf galt die Diskussion vorrangig dieser Karstquelle und dem dazugehörigen Höhlensystem.


Der am nördlichen Stadtrand von Blaubeuren gelegene Blautopf ist mit seinen 21 m Tiefe die zweitreichste Karstwasserquelle Deutschlands
(Foto: W.-F. Bär)

In Ergänzung dazu wurden die Probleme der Wasserversorgung der Alb aus Karstquellen sowie die Kontamination von Karstquellen im Karstwassereinzugsgebiet angeschnitten. Die beginnende Tauchaktion junger Höhlenforscher, die im Begriff waren, die Blautopfhöhle aufzusuchen, war eine zusätzliche Programmbereicherung. Erneut über Bad Urach, wo Prof. Pfeffer seine Tagesfahrt beendete, führte die Fahrt direkt weiter nach Frankfurt a. M., das gegen 21 Uhr erreicht wurde.

Werner-Francisco Bär, Oberursel (Ts)

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